Ablauf:

Vor Beginn der mehrwöchigen Trainingsperiode informiert die LP die S über Ziel und Verlauf dieses Trainings. Dabei kann sie durchaus erwähnen, dass das Lesetraining in der Erstsprache auch dem Lesen im Regelunterricht zugute kommt. Ebenso sollen in dieser Einführungsphase Erfahrungen und Techniken, die die S vielleicht vom Regelunterricht her schon kennen, thematisiert werden.


Hinweise zur konkreten Durchführung:

  • Es ist wichtig, dass die S vor Beginn der Übungen genau instruiert werden, damit sie das Training möglichst selbstständig absolvieren können. Dadurch findet die LP Zeit, einzelne S genauer zu beobachten, zu begleiten und zu beraten.
  • Das konzentrierte Zuhören ist bei diesem Trainingsteil genauso wichtig wie das gute Lesen. Auch das Zuhören soll zu Beginn im Klassenverband erläutert und eingeübt werden (jemand liest laut vor, die andern markieren die Lesefehler).
  • Lesegeläufigkeit wird in Tandems geübt. Die Tandems setzen sich aus je zwei S derselben Niveau- oder Altersgruppe zusammen. Die Differenz in der Lesekompetenz der beiden sollte nicht allzu groß sein.
  • Es wird auf die Genauigkeit des Lesens und auf das Lesetempo geachtet. Aus diesem Grund kann für dieses Training auch eine Stoppuhr verwendet werden (zu den Richtzeiten siehe unten).
  • Je nach Alter der S und je nach Intensität der Trainings wird jeweils vor dem Lesen vereinbart, auf welche spezifischen Aspekte und potenziellen Fehler besonders geachtet wird:
    Lesefluss (Stockungen)
    Lesegenauigkeit (Versprecher, Auslassungen, falsch gelesene Wörter etc.)
    Lesedeutlichkeit (Silben verschlucken, angemessene Lautstärke etc.)
    Leseausdruck (monotones Lesen, Leiern etc.)
  • Jedes Tandem erhält nun einen Text, einmal als Leseblatt, einmal als Kontrollblatt (siehe die Beispiele auf der folgenden Seite). Es müssen Texte auf verschiedenen Niveaus vorbereitet werden, damit die S aller Alters- und Niveaustufen adäquat trainieren können. In den Tandems wird vereinbart, wer als Erster liest (S1) und wer zuhört (S2).
  • S1 liest den Text ein erstes Mal vor und beantwortet dann die Fragen unten auf dem Blatt (Einschätzung der Schwierigkeit; «das nehme ich mir für das nächste Mal vor»). S2 misst die Zeit, die S1 zum Lesen gebraucht hat, trägt sie auf dem Kontrollblatt ein und gibt ein Feedback («Mein Tipp für dich»).
  • S1 liest den Text ein zweites und drittes Mal vor. Nach jedem Durchgang erfolgen Selbsteinschätzung, Zeitmessung und Feedback wie oben angegeben.
  • Rollentausch; nun liest S2 den Text (oder einen anderen Text derselben Niveaugruppe) dreimal und S1 misst die Zeit und gibt Feedback.
  • Die Kontrollblätter werden gesammelt. Durch die regelmäßigen Einträge der Zuhörenden entsteht eine Art Vorlese-Tagebuch, das die Fortschritte dokumentiert.
  • Periodisch soll eine kurze Gesprächsrunde in der Klasse stattfinden: Was habt ihr für Fortschritte gemacht, was ist euch aufgefallen etc.

Bemerkungen:

  • Es darf auf keinen Fall Ziel des Trainings sein, dass die S die Texte möglichst schnell lesen und eine Art Wettbewerb ausgetragen wird. Aus diesem Grund werden je nach Alter und Können der Lesenden Richtzeiten vorgegeben. Für Leseanfänger/innen sind dies etwa 65 Wörter pro Minute; für S, die schon besser lesen können, 100 Wörter pro Minute; für versierte Leser/innen ca. 130 Wörter pro Minute.
  • Zum Umfang der Texte: Die Texte sollen in rund 90 Sekunden gelesen werden können. Daraus ergibt sich ein Umfang von ca. 100 Wörtern für Niveau 1, ca. 150 Wörter für Niveau 2 und ca. 200 für Niveau 3.
  • Auf jedem Lese- und Kontrollblatt müssen sich die Fragen zur Selbsteinschätzung bzw. zur Zeitmessung und zu «Mein Tipp für dich» finden, siehe bei den Beispielen auf der folgenden Seite.
  • Optimal im Sinne der Effizienz und Nachhaltigkeit wäre, wenn das Training der Lesegeläufigkeit im HSU mit dem Regelunterricht (oder zumindest mit einigen Klassenlehrpersonen) koordiniert würde. Lohnend ist auf jeden Fall, sich von den Klassenlehrpersonen erklären und evtl. anhand der Sprachlehrmittel zeigen zu lassen, welche entsprechenden Übungen die S vom Regelunterricht her schon kennen.
  • Sinnvoll ist es, die Lesungen von Zeit zu Zeit auf einem Tonträger aufzunehmen. Im Verlaufe des Trainingsprogramms entsteht auf diese Weise eine Art Vorlesebiografie: Die Lesenden können mit den aneinandergereihten Aufnahmen ihre Lesefortschritte hören und anhand der abnehmenden Fehlermarkierungen in den Protokollen auch sehen.

Beispiel Leseblatt (Mittleres Niveau, 156 Wörter)


Beispiel Kontrollblatt