Lesen und Schreiben in der Erstsprache sind, wie oben beschrieben, nicht irgendwelche Fähigkeiten, auf die man in der Migration gut auch verzichten kann. Dass die Schüler/innen fähig sind, schriftliche Informationen in ihrer Erstsprache zu beschaffen und zu verarbeiten, ist vielmehr eine unabdingbare Voraussetzung zu ihrer ganzheitlichen bilingual-biliteralen Entwicklung. Zudem unterstützt das sichere Beherrschen der Erstsprache auch den Erwerb der literalen Fähigkeiten in der Schulsprache des Einwanderungslandes. Damit ist es, als hoch selektionswirksame Kompetenz, auch Basis für den schulischen Erfolg im Regelunterricht.

Das vorliegende Heft will Lehrpersonen in der anspruchsvollen Aufgabe unterstützen, bei ihren Schüler/innen die Freude am Lesen in der Herkunftssprache aufzubauen und zu fördern. Gleichzeitig will es Wege aufzeigen, wie HSU-Lehrpersonen verschiedene Bereiche der Lesekompetenz, beispielsweise Leseflüssigkeit, Textverstehen oder die Freude an gestalteten Texten, bei den Lernenden gezielt fördern können.

Das Heft bietet in dieser Einleitung einen Einblick in wichtige Anliegen und Schwerpunkte der gegenwärtigen Lesedidaktik und geht auf einige Punkte ein, die spezifisch für den HSU von Bedeutung sind. Der praktische Teil – die Teile I–III – umfasst 30 konkrete Übungsvorschläge zu den Bereichen Leseförderung, Lesetraining und literarisch-kulturelle Bildung. Dabei handelt es sich um Anregungen für die Lehrpersonen. Sie lassen sich großteils ohne zeitliche Belastung des Unterrichts und anhand von Lesestoffen durchführen, die ohnehin gerade behandelt werden. Die meisten Anregungen eignen sich – mit altersspezifischen Anpassungen – für Schüler/innen verschiedener Altersstufen. Dies kommt den Gegebenheiten des HSU entgegen, bei dem ja meist Schüler/innen verschiedener Stufen gemeinsam unterrichtet werden.