Sprache – vor allem die Erst- oder Muttersprache – ist ein zentrales Element der eigenen Identität. Die erste Sprache vieler Kinder und Jugendlicher in der Migration ist ihr Dialekt/ihre Mundart. (Als Zweites erlernen sie meist die regionale/dialektale Variante der Sprache des Landes, in dem sie leben; als Drittes (vom ersten Schuljahr an) die Standardvariante dieser Sprache; erst als Viertes werden sie, insbesondere im herkunftssprachlichen Unterricht, mit der Standardvariante ihrer Erstsprache vertraut.)

Verhält oder äussert sich die Lehrperson abwertend gegenüber dem vom Elternhaus gewohnten Sprachgebrauch, ist dies pädagogisch kontraproduktiv: Auf diese Weise wird die Sprache des Kindes und seiner Familie entwertet und es selbst in einem identitär wichtigen Bereich verunsichert und entmutigt, siehe hierzu oben bei 3. Pädagogisch angemessener ist es, den Schüler/innen das Nebeneinander beider Varietäten, deren Unterschiede und verschiedenen Anwendungsbereiche bewusst zu machen.

Ähnliches gilt übrigens für den von vielen Schüler/innen praktizierten «vermischten Sprachgebrauch» (Code-Mixing), in dem Elemente der Erst- und der Zweitsprache kombiniert bzw. «gemischt» werden. Lange Zeit war dies den Lehrer/innen ein Dorn im Auge. Mittlerweile setzt sich die Einsicht durch, dass diese (teilweise sehr kreative) Praxis exakt der zweisprachigen Situation entspricht, in der die betreffenden Schüler/innen aufwachsen. Statt diesen Sprachgebrauch oder die Dialekte als «unrein» abzuwerten, macht man sie besser zum spannenden Unterrichtsinhalt.


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