• An den Voraussetzungen der Schüler/innen anknüpfenDie Einführung in die Standardsprache soll bei dem anknüpfen, was die Schüler/innen von zu Hause her mitbringen, d.h. in erster Linie bei ihren Dialekten und Mundarten. Durch Vergleiche, Übersetzungen, Rollenspiele etc. lassen sich die Besonderheiten der Standardsprache in anschaulicher und attraktiver Weise erarbeiten und bewusstmachen. Die dabei möglichen Formen des entdeckenden, reflektierenden, handelnden, spielerischen Lernens sind schülernäher und nachhaltiger als die blosse Vermittlung von Regeln und Normen. Selbstverständlich müssen die Lernsituationen altersgerecht gestaltet werden. Klar ist ebenso, dass der

    Lehrperson auch in diesem Unterricht eine wichtige Rolle als sachkundige Instanz zukommt (siehe oben).
    Zu den Voraussetzungen fast aller Schüler/innen des herkunftssprachlichen Unterrichts zählt aber auch die Vertrautheit mit der Sprache des Landes, in dem sie leben und aufwachsen. Nicht selten ist ihnen diese Sprache – sei es im Dialekt oder in der Standardvariante – mindestens so geläufig wie ihre Erstsprache. Bezüge zu dieser Sprache (Vergleiche, Analogien, Unterschiede) können und sollen im herkunftssprachlichen Unterricht genutzt werden. Sie können einen wertvollen und schülerorientierten Beitrag leisten, um Besonderheiten der Erstsprache in kontrastiver Weise bewusst zu machen.


  • Lernanlässe auch im Bereich der Mündlichkeit planenViele der genannten Lernsituationen spielen sich im Bereich der Mündlichkeit ab, d. h. sie sind nicht zusätzlich durch die höheren Anforderungen der Schriftlichkeit belastet. Das bedeutet, dass sich diese Art der Auseinandersetzung mit dem Thema Di-alekt(e) – Standardsprache und die Einführung in die

    Standardvariante bestens auch für jüngere Schüler/innen eignet. Durch eine auch um schriftliche Aufgaben ergänzte, niveaudifferenzierte Planung eignen sich viele Lernanlässe für die gleichzeitige Bearbeitung durch verschiedene Altersgruppen. Auf diesen Aspekt, der die Arbeit der Lehrer/innen erleichtert, wurde bei den untenstehenden Unterrichtsvorschlägen besonders geachtet.


  • Unterricht möglichst integral in Standardsprache führen, auch bei Partnerarbeiten etc. Als Unterrichtssprache soll möglichst oft die Standardvariante verwendet werden. Dies ohnehin seitens der Lehrperson, die hier die Funktion eines Vorbilds hat. Seitens der Schüler/innen können die Anforderungen je nach Alter oder Voraussetzungen abgestuft werden (siehe auch den nächsten Punkt).

    Damit die Schüler/innen zu einer möglichst grossen Praxis in der Anwendung der Standardsprache gelangen, soll diese immer wieder auch als Medium in Partner- und Gruppenarbeiten verlangt werden. Genau in diesen gesprächsintensiven Sozialformen kommen die Schüler/innen am meisten zum Sprechen. Diese Gelegenheit soll genutzt werden.


  • Klar deklarierte Sprachwahl; keine Vermischung von Dialekt und StandardIm Unterricht sollen die Varietäten Dialekt(e)/Mundarten und Standardsprache nicht vermischt werden. Dies würde die Orientierung vor allem der jüngeren Schüler/innen stark erschweren. Falls ein integral in Standardsprache geführter Unterricht manche Schüler/innen überfordert, ist es sinnvoll, jeweils zu deklarieren, in welcher Situation oder Lernsequenz welche Varietät ‚zugelassen‘ ist. Solche klar deklarierten Situationen unterstützen die Schüler/innen bei ihrer Orientierung zwischen den beiden Varietäten. Entsprechende Anweisungen könnten z. B. folgendermassen lauten: «Diese Diskussion wollen wir so gut als möglich in der Standardsprache führen, achtet bitte darauf!», oder aber: «In dieser Sequenz könnt ihr euch auch im Dialekt unterhalten.» In manchen Schweizer Schulklassen werden auch zwei Symbole (in der Art von Verkehrsschildern oder in verschiedenen Farben) verwendet: das eine symbolisiert, dass jetzt nur Standardsprache verwendet werden soll, das andere zeigt an, dass die Wahl der Sprachvarietät jetzt frei ist.

    Bei Unsicherheiten mit der Standardsprache ist es sinnvoll, immer wieder auf die Unterschiede zum Dialekt hinzuweisen. Dies kann das Bewusstsein und die Orientierung zwischen den Varietäten erleichtern.


  • Angemessenes, situationsspezifisches Korrektur- und InterventionsverhaltenWenn Schüler/innen Fehler machen (dies betrifft vor allem die Standardsprache), schlagen wir folgendes Korrektur- und Interventionsverhalten seitens der Lehrperson vor:

    Keine ausführliche Korrektur oder Intervention bei Diskussionsrunden und Gesprächen, bei denen ein Inhalt im Zentrum steht. Permanente formale Korrekturen würden die Kommunikation hier blockieren. In Fällen, wo die Verständlichkeit gefährdet ist oder einem Kind die richtigen Wörter oder Formen fehlen, kann die Lehrperson helfen oder den fehlerhaften Satz in korrekter Form wiederholen.

    Sofortige Korrekturen sind hingegen sinnvoll in expliziten Trainingssequenzen, bei denen es z. B. um das Einschleifen und die Verfestigung bestimmter Formen oder Konstruktionen geht. Gerade hier lässt sich die sprachliche Aufmerksamkeit allerdings steigern, wenn nicht einfach die Lehrperson korrigiert, sondern wenn die Klasse einbezogen wird. Beispiel für einen solchen Auftrag: «Wir wollen Sätze in der Standardsprache erfinden, in denen alle Pluralformen (oder alle Relativkonstruktionen) korrekt sind. Denkt euch solche Sätze aus; hört einander anschliessend genau zu und meldet euch, wenn ihr einen Fehler hört!».


  • Nutzung der neuen MedienDie Möglichkeit, sich am Internet oder mittels SMS, Skype, Chats, WhatsApp, Facebook etc. rasch Informationen zu beschaffen, soll unbedingt genutzt werden. Schüler/innen können auf diese Weise z. B. Verwandte in der Heimat nach bestimmten Wörtern (dialektale Varianten, alte Wörter etc.) befragen, sie können sich am Internet über die Geschichte ihrer Sprache informieren, sie können Websites zusammenstellen, auf denen man Auskunft in Zweifelsfällen bekommt etc. All dies entspricht zugleich den Prinzipien eines lerner- und ressourcenorientierten, selbstständigen Lernens und bereichert den Unterricht um spannende Impulse und Informationen.

 


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