Dialekte/Mundarten und die Standardsprache sind gleichwertige Varianten/Varietäten derselben Sprache. Sie unterscheiden sich allerdings hinsichtlich bestimmter sprachlicher und funktionaler Aspekte und – je nach Sprache – hinsichtlich ihres Prestiges.
Die sprachlichen Unterschiede und Besonderheiten können sich auf verschiedene Aspekte beziehen: Aussprache, Wortschatz, Grammatik etc.
Selbstverständlich verfügen beide Varietäten (wie jede Sprache überhaupt) über eine Grammatik. Die Grammatik (wie auch die Aussprache und Rechtschreibung) der Standardsprache ist detailliert beschrieben und normiert in Regelwerken und Lehrbüchern, die für einen ganzen Sprachraum gelten. Beschreibungen der grammatikalischen, phonetischen und lexikalischen Charakteristika gibt es auch zu vielen Dialekten und Mundarten. Diese haben aber keinen normativen, sondern einen deskriptiven (beschreibenden) Charakter und betreffen meist nur die gesprochene Sprache.
In funktionaler und pragmatischer Hinsicht unterscheiden sich die beiden Varietäten prägnant: Der Dialekt bzw. die Mundart ist regional und lokal funktional und wichtig als Medium der informellen (z. B. familiären) Kommunikation. Die Standardsprache ist funktional und wichtig als Medium des formelleren und insbesondere des schriftlichen Sprachgebrauchs. (Kompetenzorientiert gesagt: Im Dialekt kommunizieren zu können ist wichtig für die soziale Integration; Kompetenz in der Standardsprache ist unerlässlich für die schulische und berufliche Integration und Karriere.) Beide Varietäten haben somit ihre je eigene Funktionalität und Bedeutung, die zu respektieren sind.
Zum Prestige von Standardsprache und Dialekten/Mundarten siehe oben bei 2. Je nach Sprache und Sprachregion bestehen hier deutliche Unterschiede. Die damit verbundenen Wertungen sollen nicht unreflektiert weitergegeben werden. Dies betrifft z. B. normative und wertende Aussagen wie: «Wir müssen unsere Sprache in reiner/sauberer Form sprechen». Die Vorstellung einer ‚reinen‘, ‚sauberen‘, ‚unvermischten‘ Sprache ist ein romantisches Konstrukt. Seit Urzeiten stehen Sprachen durch Handels- und Migrationsbewegungen in Kontakt miteinander und entwickeln sich ständig. Wenig qualifiziert sind auch Aussagen wie «Er spricht die Sprache ‚mit Grammatik‘». Die damit implizierte Abwertung des Dialekts als einer Sprachform ohne Grammatik ist, wie oben gesehen, unhaltbar und inadäquat. Eine positive Formulierung dessen, was die beiden Aussagen meinen, könnte lauten: «Wir wollen uns jetzt (weil die spezifische Kommunikationssituation es erfordert) möglichst an die Normen der Standardsprache halten und Wörter aus anderen Sprachen nur dann brauchen, wenn unsere Sprache kein eigenes Wort für das Gemeinte hat.»