Hinweise:

  • Voraussetzung dafür, dass produktive Gespräche und Diskussionen überhaupt möglich sind, ist das Einhalten gewisser Gesprächsregeln und demokratischer Verhaltensweisen. Dies gilt im privaten Umgang, besonders aber auch im Kontext der Schule, wo Gesprächserziehung einen der Zielbereiche der sozialen und sprachlichen Erziehung darstellt. Es versteht sich, dass der Aufbau einer entsprechenden Kultur einen längerfristigen Prozess darstellt, an dem immer wieder gearbeitet wird.
  • Neben den expliziten Regeln für die S gibt es noch eine zweite, ebenso wichtige Dimension. Sie betrifft die LP und deren Verhalten in Gesprächen und Diskussionsrunden. Kap. 4b in der Einleitung geht hierauf ein; wir erinnern einzig an die Stichworte Zurückhaltung seitens der LP, reflektiertes Formulieren von offenen Fragen und Impulsen, Delegation von Moderationsfunktionen an die S.

Aufbau und zentrale
Elemente der Gesprächserziehung:

  • Den Ausgangspunkt bildet am besten eine authentische Situation, in der die Kommunikation z. B. dadurch gestört wurde, dass jemand die andern immer wieder unterbrochen oder auf unfaire Weise angegriffen hat. An solche Situationen kann ein Gespräch zur Frage anknüpfen: «Wie können wir besser und gleichberechtigter miteinander diskutieren?»
  • Es werden erste zwei oder drei Regeln (nicht mehr!) besprochen, vereinbart und schriftlich auf einem Plakat festgehalten. Wichtig ist, dass diese Regeln von den S selbst formuliert werden und nicht einfach von der LP vorgegeben sind. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind die S schon vom regulären Unterricht her mit dem Thema «Gesprächskultur und -regeln» vertraut. Beispiele von Gesprächsregeln finden sich auf der nächsten Seite.
  • In den nächsten 2–3 Wochen werden die Regeln mehrfach geübt. Dazu kann jemand aus der Klasse als Zuständige/r bestimmt werden; er oder sie darf sofort intervenieren, wenn jemand eine Regel verletzt.
  • In den folgenden Monaten werden die Regeln ausgebaut, verfeinert und wie oben geschildert geübt.
  • Regelmäßig sollen auch Diskussionen zur Frage stattfinden, wie sich die Gesprächskultur verändert hat und wo die S noch Verbesserungspoten- zial sehen.
  • Manche Regeln können durch kleine Hilfsstrategien unterstützt werden; vgl. die Beispiele auf der nächsten Seite.

Beispiele von Gesprächsregeln:

  • Ich spreche laut und deutlich.
  • Ich höre dem oder der Sprechenden zu.
  • Ich unterbreche niemanden.
  • Wenn ich mich zu Wort melden möchte, zeige/strecke ich auf.
  • Ich respektiere die Meinungen meiner Mitschüler/innen.
  • Ich verspotte oder lache niemanden aufgrund seiner Meinung aus.
  • Ich weiche nicht vom Thema der Diskussion ab.
  • Ich nehme Bezug auf das, was mein Vorredner/meine Vorrednerin gesagt hat.
  • Ich schaue meinen Mitschüler/innen in die Augen, wenn ich spreche.

Beispiele von «Stützstrategien» zur Umsetzung bestimmter Regeln:

  • Zur Regel, dass man niemanden unterbrechen soll: Dasjenige Kind, das spricht, hält einen Ball oder Stein in der Hand. Wenn es fertig gesprochen hat, gibt es den Ball an ein anderes Kind weiter, das sich gemeldet hat. Damit ist klar, dass nur dasjenige Kind spricht, das den Ball in der Hand hält.
  • Zum aktiven Zuhören bzw. zur Regel, dass man Bezug auf seine/n Vorredner/in nehmen soll: Während 2–3 Diskussionen muss jedes Votum mit dem Satz beginnen «XY hat gesagt, dass …. Ich persönlich sehe das so: …». Vgl. auch Nr. 12 mit speziellen Satzbausteinen hierfür.
  • Variante zum aktiven Zuhören: Jede/r S muss während der Diskussion mindestens einmal in Bezug auf etwas nachfragen («XY, habe ich dich richtig verstanden: Meinst du, dass …?»).
  • Hilfsstrategien, damit die LP sich aus ihrer zentralen Position zurückziehen kann:
    • a) Die S rufen sich selber auf (oder geben einander den Ball weiter, siehe oben).
    • b) Bei jeder größeren Diskussion wird ein Kind aus einer der oberen Klassen als Moderator/in bestimmt. Dieses Kind bereitet sich zusammen mit der LP auf die Diskussion vor, formuliert Anfangsfragen oder Impulse und moderiert den weiteren Verlauf. Die LP interveniert nur im Notfall. Vgl. hierzu auch Nr. 14 und 15.
  • Hilfsstrategie, damit sich möglichst alle S am Gespräch beteiligen: Jedes Kind erhält drei Knöpfe, Büroklammern oder Papierschnippsel. Die S sitzen im Kreis; wer einen Beitrag zur Diskussion geleistet hat, legt einen Knopf in der Mitte auf den Boden. Ziel ist, dass alle S ihre Knöpfe abgelegt haben. Diese Verfahren verhindert, dass manche S sehr viel und andere kaum etwas sagen.

Inhaltsverzeichnis