In ihrer Erst- oder Muttersprache zu schreiben und zu lesen ist für viele Kinder und Jugendliche, deren Eltern oder Großeltern emigriert sind, schwierig oder sogar unmöglich. Werden diese literalen Fähigkeiten aber nicht geschult, bleiben die betreffenden Kinder und Jugendlichen Analphabet/innen in ihrer Erstsprache. Indem sie ihre Herkunftssprache nur noch in gesprochener, meist dialektaler Form beherrschen, verlieren sie den Anschluss an ihre Schriftkultur. Damit steigt die Gefahr, dass sie ihre Erstsprache – und damit eine wichtige Sonderkompetenz und einen integralen Teil ihrer bikulturellen Identität – über kurz oder lang ganz verlieren. Die Förderung der biliteralen Kompetenzen (lesen und schreiben können auch in der eigenen Erstsprache) ist damit ein bedeutsames Anliegen auch im Sinne einer ganzheitlichen, ausgeglichenen Entwicklung der bikulturell-bilingualen Identität.

Einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung dieser Kompetenzen leistet der herkunftssprachliche Unterricht (in der Schweiz: HSK-Kurse). Besonders für Kinder aus eher bildungsfernen Familien ist er mehr oder weniger die einzige Instanz, die hilft, Herkunftssprache auch in ihrer standardsprachlichen und geschriebenen Version zu lernen und damit zu einer ganzheitlichen, auch die Schriftkultur umfassenden Zweisprachigkeit zu gelangen.


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